Baustelle wird immer öfter zur Streitstelle

Quelle: der reporter 30.12.2023

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Oldenburg – Im Kreis gibt es immer öfter Streit zwischen Baufirmen und Bauherren. Darüber klagt das Baugewerbe in Ostholstein. Anlass seien oft angebliche Mängel. Die Bauinnung glaubt hinter den Beanstandungen sogar ein System zu erkennen.

„Es gibt Leute, die beauftragen eine Leistung, und wissen schon vorher, dass sie diese gar nicht bezahlen können“, sagt Obermeister Ralf Hoffmann. Anschließend kämen die Kunden dann an und versuchten mit aus der Luft gegriffenen Mängeln die Preise zu drücken. Kurz vor Weihnachten eskalierte in Bad Schwartau ein Streit um Baumängel. Der Bauunternehmer rastete aus, rückte wenig später mit einem Bagger an und riss das von ihm gebaute Haus teilweise wieder ein (die LN berichteten). Allerdings ist in diesem Fall bisher noch unklar, ob die Beanstandungen berechtigt waren oder nicht.

„Keine Frage, wenn ein berechtigter Mangel da ist, dann muss der auch beseitigt werden“, sagt Obermeister Ralf Hoffmann. Aber was inzwischen auf einigen Baustellen abgehe, sei nicht mehr hinzunehmen. Er selbst habe einen Fall erlebt, in dem ein Bauherr wegen eines Risses bei einem Wandanschluss, in den man gerade ein Blatt Zeitungspapier stecken konnte, einen erheblichen Preisnachlass gefordert habe. „Nachdem wir das dann nachgebessert hatten, rückte der Bauherr damit raus, dass er eigentlich kein Geld habe, um die Rechnung zu bezahlen.“

In einem anderem Fall habe eine Kundin bei einem Bauprojekt über ein Volumen von 4000 Euro nach einem halben Jahr angekündigt, einen monatlichen Dauerauftrag in der Höhe von 200 Euro einzurichten und die Summe auf diese Weise abzustottern. Mit derartigen Fällen hätten die Innungsbetriebe immer öfter zu kämpfen. Und nicht selten gehe es um ganz andere Summen.

„Wir sind Bauunternehmen und keine Bank“, klagt Obermeister Hoffmann. Möglicherweise sei die zunehmend aggressive Werbung mit Null-Prozent-Finanzierungen in anderen Branchen dafür verantwortlich. In anderen Fällen würden die Schlusszahlungen einfach zurückgehalten. Ein Rechtsstreit zieht sich dann schnell über Jahre hin. „Diese Kunden setzen ganz gezielt darauf, dass dem Handwerker irgendwann die Luft ausgeht, oder er entnervt aufgibt“, sagt Hoffmann. „Wenn ich dann noch höre, dass es Internet-Foren gibt, in denen derartige Tricks offen diskutiert werden, kann ich wütend werden.“ Das nehme dann kriminelle Dimensionen an. „So etwas ist Betrug.“ Untereinander würden sich die Baufirmen inzwischen schon vor zahlungsunfähigen oder -unwilligen Kunden warnen.

Auch Arne Hansen von der Kreishandwerkerschaft kennt zahlreiche derartige Fälle. „Obwohl Arbeiten von den Fachfirmen in bester Qualität abgeliefert werden, wird einfach die Zahlung verweigert oder mit an den Haaren herbeigezogenen Mängeln argumentiert“, sagt Hansen. Das Problem auf dem Bau ist, dass ein Bauunternehmer mit Lohn und Material immer komplett in Vorleistung geht. Was einmal eingebaut ist, sei Eigentum des Bauherren und dürfe nicht wieder ausgebaut werden.

Gerade für kleinere Betriebe könnten solche Probleme existenzbedrohend sein. Es handele sich zwar zum Glück um eine Minderheit, die gezielt nach Möglichkeiten suche, den Preis nachträglich noch zu drücken, aber die Tendenz sei klar steigend. Auch seien Fälle bekannt, in denen Kunden die Renovierung ihres Wohnzimmers beauftragt hätten und anschließend von einem Auftrag überhaupt nichts gewusst haben wollten.

„Wir empfehlen unseren Betrieben, möglichst alles schriftlich festzuhalten. Und sei es nur ein kleiner Dreizeiler“, sagt Hansen. Auch wenn im Handwerk eigentlich immer noch der Handschlag zähle.

Quelle: www.ln-online.de